Proverbia Iuris

Fictio cessat, ubi veritas locum habere potest

Fictio cessat, ubi veritas locum habere potest – die Fiktion scheidet aus, wo die Wahrheit Platz greifen kann.

Dieser Satz beschreibt eine Grundlage einer Fiktion: Eine Fiktion will zwei Sachverhalte gleichsetzen, obwohl es genau weiss, dass die Sachverhalte eigentlich unterschiedlich sind.

Will das Gesetz dagegen zwei Sachverhalte gleichsetzen, die eventuell auch gleich sein können, handelt es sich um eine unwiderlegbare Vermutung. Bei einer solchen unwiderlegbaren Vermutung ist es dem Gesetzgeber bei Vorliegen von A egal ob auch B vorliegt oder nicht – dessen vorliegen wird vielmehr unwiderlegbar vermutet.

Der Unterschied wird an zwei Beispielen deutlich:

Ein Beispiel für eine Fiktion ist § 162 Abs. 1 BGB: „Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Nachteil er gereichen würde, wider Treu und Glauben verhindert, so gilt die Bedingung als eingetreten.“ Die Bedingung ist in diesem Fall gerade nicht eingetreten, denn der Eintritt wurde ja gerade verhindert. Trotzdem ordnet das Gesetz an, dass die Bedingung als eingetreten gilt.

Ein Beispiel für eine unwiderlegbare Vermutung ist dagegen die Regel des § 1566 Abs. 2 BGB: „Es wird unwiderlegbar vermutet, dass die Ehe gescheitert ist, wenn die Ehegatten seit drei Jahren getrennt leben.“ Eine Ehe kann nach dreijähriger Trennung gescheitert sein, muss aber nicht. Dem Gesetz ist das dagegen egal, das Scheitern wird in diesem Fall unwiderlegbar vermutet.

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