Culpa in contrahendo – das „Verschulden bei Vertragsschluss“ – war ein neben dem Bürgerlichen Gesetzbuch bestehender Haftungstatbestand. Er wurde von Rudolf von Jhering entwickelt, um eine als solche erkannte Lücke im Haftungssystem des Bürgerlichen Gesetzbuches zu schließen.
Erst mit der Schuldrechtsreform 2002 wurde dieser auch in das BGB übernommen, es findet sich heute in § 311 Abs. 2 BGB (in Verbindung mit §§ 280, 241 Abs. 2 BGB).
Die Culpa in contrahendo besagt, dass auch bereits während der Vertragsverhandlungen bzw. der Vertragsanbahnung ein vertragsähnliches Vertrauensverhältnis (als gesetzliches Schuldverhältnis) besteht, das den Beteiligten bereits gewisse gegenseitige Offenbarungs-, Rücksichtnahme- und Fürsorgepflichten auferlegt. Diese Pflichten resultieren daraus, dass dem Verhandlungspartner oftmals bereits im vorvertraglichen Bereich eine gesteigerte Einwirkungsmöglichkeit auf die eigenen Rechtsgüter gewährt wird. Eine Verletzung dieser Pflichten begründet einen Schadensersatzanspruch.
Mittels der culpa in contrahendo (c.i.c.) wurden in der Rechtsprechung beispielsweise Verkehrssicherungspflichten bejaht, so dass Schadensersatzsprüche beispielsweise bestehen, wenn der Boden im Kaufhaus rutschig ist oder unsachgemäß eingelagerte Ware auf den potentiellen Kunden fällt. Die vorvertragliche Haftung aus c.i.c. tritt in diesen Fällen neben die deliktische Haftung aus den §§ 823 ff. BGB, allerdings mit dem Unterschied, dass bei der c.i.c. keine Möglichkeit der Exkulpation für das Handeln eines Erfüllungsgehilfen besteht. Darüber hinaus erfasste die c.i.c. anders als die deliktische Haftung auch reine Vermögensschäden.
In den Schutzbereich der culpa in contrahendo können – nach den Regeln des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter – auch Dritte einbezogen sein.
Intervise:
Culpa post contractum finitum