Nulla poena sine lege – keine Strafe ohne Gesetz – ist eine Ausprägung des im Strafrecht geltenden Gesetzlichkeitsprínzips, namentlich des Rückwirkungsverbots.
Das Rückwirkungsverbot verbietet grundsätzlich staatliche Akte, die rechtliche Normen oder Verfahrensvorschriften so ändern, dass nunmehr an ein in der Vergangenheit liegendes Handeln eine andere Folge geknüpft wird als die, auf die sich der Handelnde zum Zeitpunkt seines Handelns einstellen konnte; das strafrechtliche Rückwirkungsverbot unterbindet die Strafbarkeit einer Handlung aufgrund eines Gesetzes, dass zum Zeitpunkt des Handelns noch nicht in Geltung war.
Dieser fundamentale Grundsatz des modernen Strafrechts, der genauso wie der verwandte Grundsatz „nulla poena sine lege“ auf Anselm von Feuerbach zurück geht wurde erstmals im Josephinischen Strafgesetz, demm von Joseph II für die habsburgischen Erblande erlassenen Strafgesetzbuch, im Jahre 1787 normiert. Heute ist dieser Grundsatz in Art. 103 Abs. 2 GG sowie in Art. 7 Abs. 1 EMRK niedergelegt.
Doch auch das römische Recht kannte bereits den – in der späteren Rechtsentwicklung wieder „vergessenen“ – Grundsatz, allerdings nur in der schwächeren Version „Poena non irrogatur, nisi quae quaque lege vel quo alio iure specialiter huic delicto imposita est.“ Dieser Grundsatz wurde schon zu zu römischer Zeit dahin erweitert, dass eine Strafbarkeit nur besteht, soweit
- die Strafbarkeit schriftlich fixiert wurde – nulla poena sine lege scripta – und
- hinreichend bestimmt ist – nulla poena sine lege certa -,
- bevor die Tat begangen wurde – nulla poena sine lege praevia -, und dass
- keine Analogie zulasten des Täters über den Wortlaut des Gesetzes hinaus vorgenommen werden darf – nulla poena sine lege stricta.
Intervise:
Nullum crimen sine lege
nulla poena sine lege scripta
Nulla poena sine lege certa
Nulla poena sine lege praevia
Nulla poena sine lege stricta
Poena non irrogatur, nisi quae quaque lege vel quo alio iure specialiter huic delicto imposita est