Proverbia Iuris

Non liquet

Non liquet – „es ist nicht klar“ – ist ein Begriff aus dem römischen Gerichtsverfahren. Mit non liquet wird auch heute noch eine Situation bezeichnet, in der auch nach Beweiserhebung keine der Parteien den Beweis für die von ihr behaupteten Tatsachen erbringen konnte. Die Folgen eines non liquet unterscheiden sich nach der jeweiligen Verfahrensart:

Zivilprozess[↑]

In einem Zivilprozess richtet sich eine non liquet-Entscheidung nach der formellen Beweislast: Den Rechtsstreit verliert bei einem non liquet die Partei, die nach den Regeln der Beweislast die streitige Tatsache zu beweisen hat, da sie beweisfällig bleibt.

Strafprozess[↑]

Im Strafrecht wirkt sich ein non liquet regelmäßig zugunsten des von dem Strafverfahren Betroffenen aus.

  • Ein non liquet im Ermittlungsverfahren fürt zur Einstellung des Verfahrens gegen den Beschuldigten, § 170 II StPO.
  • Ein non liquet im Zwischenverfahren (also zwischen dem Eingang der Anklageschrift bei Gericht und der Eröffnung des Hauptverfahrens) führt zur Ablehnung der Anklagezulassung gegen den Angeschuldigten, wenn der Angeschuldigte einer Straftat nicht mehr hinreichend verdächtig erscheint. § 203 StPO.
  • Ein non liquet im Hauptverfahren führt zum Freispruch des Angeklagten.

Bleiben Zweifel am Tatgeschehen oder an der Schuld des Angeklagten, führt dies im Strafprozess nach dem Grundsatz in dubio pro reo ebenfalls zum Freispruch bzw. Einstellung.

Verwaltungsprozess[↑]

Im Verwaltungsprozess richtet sich die non liquet-Entscheidung nach dem materiellen Recht. Dabei gilt für den Fall der Unerweislichkeit einer Tatsache grundsätzlich das Günstigkeitsprinzip. Dagegen muss einen Grundrechtseingriff in jedem Fall der Staat rechtfertigen.

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Intervise:
Onus probandi
In dubio pro reo
Actori imbumbat probatio
Necessitas probandi incumbit ei qui agit
 

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