Nemo tenetur se ipsum accusare – niemand ist verpflichtet sich selbst anzuklagen – ist eine Grundlage des Strafprozesses: Jeder Beschuldigte, jeder Angeklagte, jeder Zeuge hat das Recht, zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen zu schweigen.
Dieser Grundsatz des nemo tenetur, der sich prozessrechtlich in § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO (für den Beschuldigten) und § 55 Abs. 1 StPO (für den Zeugen) findet, hat seine Grundlage im Allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 GG) und der vom Staat zu schützenden Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG), die auch vor einem in der Situation einer Konfrontation mit der staatlichen Gewalt empfundenen Zwang schützen, sich selbst zu lasten. Demgemäß wird der nemo-tenetur-Grundsatz als ein grundrechtsgleiches Recht verstanden.
Seine völkerrechtliche Verankerung findet der Grundsatz des nemo tenetur se ipsum accusare in Art. 14 Abs. 3 des 1966 in New York geschlossenen und 1976 in Kraft getretenen Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte.