Proverbia Iuris

Ius Aggritiandi

Ius Aggritiandi – das Begnadigungsrecht oder Gnadenrecht – ist das Recht, rechtkräftig verhängte Strafenn zu erlassen, zu ermäßigen, umzuwandeln oder auszusetzen.

Das Begnadigungsrecht, traditionell eine Befugnis des jeweiligen Staatsoberhauptes, steht in der Bundesrepublik in Fällen der Gerichtsbarkeit des Bundes, d.h. in Fällen, in denen (wie etwa bei Terrorismus und Staatsschutzdelikten) der Generalbundesanwalt Anklage zu einem Oberlandesgericht erhoben hat (§ 452 StPO), gemäß Art. 60 Abs. 2 GG dem Bundespräsidenten zu. In allen anderen Fällen liegt das Begnadigungsrecht bei den Bundesländern. In den Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg wird es vom Senat ausgeübt, in den übrigen Bundesländern vom Ministerpräsidenten. Allerdings wurde das Begnadigungsrecht in vielen Bundesländern auf nachgeordnete Behörden – in der Regel den Gnadenstellen bei den Landgerichten oder den Staatsanwaltschaften als Vollstreckungsbehörden – übertragen.

Aufgabe des Begnadigungsrechts ist der Ausgleich von Härten und Unbilligkeiten. Nach überwiegender Auffassung besteht kein Anspruch auf einen Gnadenerweis, sondern höchstens auf eine Anhörung. Dementsprechend werden Gnadenentscheidung – und insbesondere auch die Ablehnung von Begnadigungen – als nicht justiziabel angesehen, d.h. sie unterliegen keiner gerichtlichen Kontrolle[1].

Einer der verbliebenen klassischen Anwendungsfälle, der Begnadigung eines zu lebenslanger Freiheitsstrafe Verurteilten nach mehrjähriger Verbüßung, hat das Bundesverfassungsgericht 1977 dem Gnadenrecht entzogen, indem es eine „Verrechtlichung der Entlassungspraxis“ forderte[2], was in der Folgezeit zu einer Zuweisung dieser Aufgabe zu den Gerichten in einem förmlichen Verfahren führte.

  1. BVerfG, Beschluss vom 23.04.1969 – 2 BvR 552/63[]
  2. BVerfG, Beschluss vom 21.06.1977 – 1 BvL 14/76[]

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