Proverbia Iuris

In dubio pro reo

In dubio pro reo – „Im Zweifel für den Angeklagten“ – beschreibt den strafprozessualen Grundsatz, dass ein Angeklagter nicht verurteilt werden darf sondern freizusprechen ist, wenn dem Gericht Zweifel an seiner Schuld verbleiben.

Der Grundsatz „in dubio pro reo“ ist im deutschen Strafprozessrecht nicht ausdrücklich normiert und wird daher regelmäßig aus Art. 103 Abs. 2 GG, Art. 6 Abs. 2 EMRK sowie aus § 261 StPO hergeleitet, wobei Einigkeit darüber besteht, dass der in dubio-Grundsatz (wegen seiner Herleitung aus Art. 103 Abs. 2 GG) ein verfassungsrechtlich abgesichertes Verfahrensgrundrecht bildet.

Spee_Cautio_1631Die Ursprünge des in dubio pro reo

Das Prinzip des in dubio pro reo findet sich bereits in der auf Aristoteles zurückgehenden griechischen Rechtsauffassung. Es prägte auch das römische Recht. Die Redewendung „in dubio pro reo“ war allerdings den Römern unbekannt, sie ist eine Erfindung der Renaissance. Sie geht zurück auf den Mailänder Rechtsgelehrten Egidio Bossi (1487–1546). In der deutschsprachigen Rechtstradition ist der Ausdruck „in dubio pro reo“ erstmals 1631 belegt in den „Cautio Criminalis“ des Jesuiten Friedrich Spee von Langenfeld[1], mit der dieser der Praxis der Hexenprozesse entgegen trat und damit entscheidend zum Ende des Hexenwahns in Deutschland beitrug.

In dubio pro reo im heutigen Strafprozess

In dubio pro reo – oder ausführlich: In dubio pro reo iudicandum est – beschreibt eine Entscheidungsregel, keine Beweisregel. Der in-dubio-Grundsatz beschreibt nicht, wann der der Richter Zweifel haben muss. Er beschreibt nur, wie der Richter zu entscheiden hat, wenn er Zweifel hat.

Dies bedeutet: Da auch im Strafprozess der Grundsatz der freien Beweiswürdigung gilt, muss der Richter von mehreren möglichen Schlussfolgerungen aus der Beweisaufnahme nicht die dem Angeklagten günstigste wählen. Das Gericht muss vielmehr jedem Beweis frei eine Bedeutung zumessen. Ist das Gericht danach von einer dem Angeklagten ungünstigen Schlussfolgerung überzeugt, muss es diese der Urteilsfindung zu Grunde legen.Bleiben bei dem Gericht dagegen auch nach abgeschlossener Amtsermittlung (§ 244 Abs. 2 StPO) und abgeschlossener Beweiswürdigung noch Zweifel an der Schuld des Angeklagten, so muss es den Angeklagten – in dubio pro reo – freisprechen.

Der Grundsatz des „in dubio pro reo“ ist damit nur dann verletzt, wenn sich unmittelbar aus dem Urteil ergibt, dass das Gericht noch Zweifel an der Schuld des Angeklagten hatte. In der Revision führt die Verletzung des in-dubio-Grundsatzes bereits auf die Sachrüge zur Urteilsaufhebung. Die Verletzung des in dubio pro reo muss nicht mit einer Verfahrensrüge geltend gemacht werden.

Der Grundsatz des „in dubio pro reo“ findet auch nur Anwendung bei Zweifeln am Geschehensablauf. Zweifel hinsichtlich der Gesetzesauslegung sind dagegen kein Anwendungsfall des in-dubio-Grundsatzes. Auf strittige Rechtsfragen findet er keine Anwendung.

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Onus probandi
Non liquet
In dubio mitius
In dubio pro duriore

  1. Friedrich Spee von Langenfeld, Cautio criminalis seu de processibus contra Sagas Liber (deutsch: Cautio criminalis oder rechtliches Bedenken wegen der Hexenprozesse), Rinteln 1631[]

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