Proverbia Iuris

Da mihi factum, dabo tibi ius

Da mihi factum, dabo tibi ius – „Gib mir die Tatsachen, ich gebe dir das Recht“ – bezeichnet den Grundsatz der richterlichen Rechtsanwendung im Zivilprozessrecht: die die Parteien eines Rechtsstreits müssen nur die Sachlage vortragen, § 138 ZPO, während für die rechtliche Wertung der Richter zuständig ist.

Die Parteien müssen also keine Ausführungen zur Rechtslage machen, diese hat das Gericht selbst zu kennen. Andererseits ist das Gericht auch dann nicht an eine seiner Meinung nach falsche Rechtsauffassung der Parteien gebunden, selbst dann nicht, wenn beide Parteien sie übereinstimmend vortragen. Das Gericht muss also das Recht stets selbst anwenden und den von den Parteien vorgetragenen Sachverhalt selbständig subsumieren.

Dieser Grundsatz, dass das Gericht das Recht kennt, gilt im deutschen Zivilprozessrecht freilich nicht uneingeschränkt. So ermöglicht es § 293 ZPO dem Gericht, etwa über ausländisches Recht oder partikulares Gewohnheitsrecht Beweis zu erheben – freilich auch hier, ohne auf die von den Parteien beigebrachten Nachweise beschränkt zu sein.

Der Grundsatz des „da mihi factum, dabo tibi ius“ gilt grundsätzlich in allen Gerichtszweigen, lediglich im Bereich des Strafrechts kennt die Strafprozessordnung eine Einschränkung: hier muss die Anklageschrift gemäß § 200 StPO auch die anzuwendenden Strafvorschriften bezeichnen, wobei allerdings auch hier das Gericht daran nicht gebunden ist, § 155 StPO.

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