Proverbia Iuris

Amicus curiae

Der Amicus curiae – der Freund des Gerichts – ist eine dem deutschen Recht fremde Rechtsfigur. Beheimatet ist der Amicus curiae im anglo-amerikanischen common law, wo er eine Person oder Organisation beschreibt, die sich an einem Verfahren beteiligt, ohne Partei zu sein, und dem Gericht mit ihren Äußerungen hilft, eine Entscheidung zu finden. Auch internationale Gerichte lassen amici curiae zumeist zu.

Sinn des amicus curiae ist es insbesondere, wesentliche fachliche Aspekte hervorhebt. Der amicus curiae kann dem Gericht seine Sachkenntnis sowie vertiefte Informationen – durch einen „Amicus brief“ – zur Verfügung stellen. Der amicus curiae ist nicht Partei des Rechtsstreits, er braucht jedoch nicht unabhängig zu sein. Oftmals tritt daher als amicus curiae auf, wer indirekt durch den Rechtstreit betroffen sein könnte. Das anglo-amerikanische Rechtssystem versteht den amicus curiae als eine Art parteiischer Sachverständiger.

„Anflüge“ des amici curiae finden sich in Deutschland im Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht: Nach § 27a BVerfGG kann das Bundesverfassungsgericht in einem bei ihm anhängigen Verfahren sachkundigen Dritten Gelegenheit zur Stellungnahme geben.

Auch im Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ist der Amicus Curiae anerkannt. Art. 36 Abs. 2 EMRK spricht insoweit von der „Third Party Intervention“, also der Beteiligung Dritter.

In der völkerrechtlichen Praxis finden sich ebenfalls oftmals entsprechende Usancen. So hat es sich etwa bei den Fachausschüssen der Vereinten Nationen eingebürgert, auch von am eigentlichen Verfahren beteiligten Nichtregierungsorganisationen (NGO) Stellungnahmen und Informationen entgegen zu nehmen.

All diesen Verfahren ist aber gemeinsam, dass keine Verpflichtung des betreffenden Gerichts oder Spruchkörpers besteht, die vorgebrachten Argumente und Berichte auch tatsächlich zu würdigen und bei der eigenen Entscheidungsfindung zu berücksichtigen.

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