Die actio pro socio – die Klage als Gesellschafter – beschreibt die Fähigkeit eines Gesellschafters, für Sozialansprüche der Gesellschaft gegen andere Gesellschafter im Namen der Gesellschaft Prozesse zu führen. Sie ist damit eine Form der gewillkürten Prozessstandschaft. Genau genommen handelt es sich damit nicht um eine actio pro socio sondern um eine „actio pro societate“, denn der einzelne Gesellschafter macht ein Recht der Gesellschaft im eigenen Namen als Prozessstandschafter für die Gesellschaft geltend.
Die actio pro socio bezweckt einen Schutz des von der Geschäftsführung ausgeschlossenen Gesellschafters bzw. des Minderheitsgesellschafters, der davor geschützt werden soll, dass die Gesellschaft ihr Vermögen dadurch schädigt, dass sie – etwa auf Druck des Mehrheitsgesellschafters – aus dem Gesellschaftsverhältnis resultierende Ansprüche („Sozialansprüche“) gegen einen (Mehrheits-) Gesellschafter nicht geltend macht.
Bei der actio pro socio handelt es sich um eine bereits vom Reichsgericht – und ihm folgend auch vom Bundesgerichtshof – ausdrücklich anerkannte Form der Prozessstandschaft: Da die gesellschaftsvertraglichen Verpflichtungen eines jeden Gesellschafters auf dem Gesellschaftsvertrag beruhen, und Partner dieses Vertrages sämtliche Gesellschafter sind, steht jedem von ihnen grundsätzlich ein Anspruch darauf zu, dass der andere die von ihm übernommenen Verpflichtungen erfüllt[1]. Der in der actio pro socio geltend gemachte Anspruch gründet sich in dem Gesellschaftsvertrag, in dem sich die Gesellschafter untereinander im Sinne gegenseitiger Treuepflichten dazu verpflichteten im Interesse der Gesellschaft zu handeln.
Das Recht eines Gesellschafters, gegen andere Gesellschafter im Wege der actio pro socio vorzugehen, ist ein unmittelbarer Ausfluss des Mitgliedschaftsrechts des Gesellschafters. Der Gesellschafter klagt daher bei der actio pro socio aus eigenem Recht auf Leistung an die Gesellschaft.
Bedeutung erlangt die actio pro socio im Regelfall nur bei solchen Gesellschaftern, die aufgrund Gesetzes oder aufgrund des Gesellschaftsvertrages nicht zur (alleinigen) Vertretung der Gesellschaft befugt sind. Denn bei einer bestehenden Vertretungsbefugnis könnte er das Recht der Gesellschaft in deren Namen geltend machen und bedürfte daher der actio pro socio nicht.
Der Bundesgerichtshof verwendet den Begriff der actio pro socio bisher nur bei der Geltendmachung von Sozialansprüchen der Gesellschaft[2], also etwa bei Ansprüchen der Gesellschaft auf Zahlung von Beiträgen[3] oder Schadensersatzansprüchen wegen pflichtwidriger Geschäftsführung[4], nicht dagegen bei der Klage eines Gesellschafters wegen Gesellschaftsforderungen aus sonstigen Rechtsverhältnissen, etwa aus einem mit dem betreffenden (Mehrheits-) Gesellschafter geschlossenen Mietvertrag oder Kaufvertrag[5]. Die Instanzgerichte fassen zum Teil aber auch diese Klagen unter den Begriff der actio pro socio[6].
Actio Pro Socio im weiteren Sinne
Eine Ausweitung hat die actio pro socio in den letzten 50 Jahren erfahren, nachdem der Bundesgerichtshof 1963 anerkannt hat, dass ein Gesellschafter unter bestimmten eng umrissenen Voraussetzungen im eigenen Namen zugunsten der Gesellschaft auch Gesellschaftsforderungen gegen Dritte geltend machen kann[7].
Da die actio pro socio allerdings als Ausfluss aus dem Mitgliedschaftsrecht des klagenden Gesellschafters verstanden wird, stellt sich bei dieser Ausweitung der actio pro socio das Problem, dass der Schuldner als außenstehender Dritter gerade nicht an dem Gesellschaftsvertrag beteiligt ist und demgemäß gegenüber dem klagenden Gesellschafter regelmäßig auch nicht verpflichtet ist, seine bei der Gesellschaft bestehenden Schulden zu begleichen. Daher wird die actio pro socio gegenüber einem gesellschaftsfremden Dritten immer nur dann als subsidiär zulässig angesehen, wenn der eigentlich in der Gesellschaft Geschäftsführungsbefugt handeln müsste, aber pflichtwidrig nicht handelt.
Diese Ausweitung der actio pro socio betrifft damit nur solche Fälle in denen die Gesellschaft die Einziehung und die gerichtliche Geltendmachung der Forderung gegen den Dritten aus gesellschaftswidrigen Gründen verweigert[8] oder wenn der Schuldner der Gesellschaft an dem gesellschaftswidrigen Verhalten beteiligt ist[9].
Besonders wichtig wurde diese Ausweitung im Rahmen der gerichtlichen Auseinandersetzungen um Ansprüche, die geschlossenen Immobilienfonds gegen Dritte (Fonds-Initiator, Treuhänder, Bauunternehmer etc.) zustehen, da derartige Bauherrenmodelle regelmäßig in der Rechtsform der Kommanditgesellschaft (KG) realisiert wurden.